Pendeln in vollen Zügen & die Corona-Warn-App

Nachdem ich im Oktober 3,5 Wochen täglich zwischen Mannheim und Heidelberg gependelt bin, bin ich heilfroh, seit dem 26.10. wieder Home-Office machen zu können. „Das Leben in vollen Zügen genießen“ bekam davor eine ganz andere Bedeutung: Abstand? Fehlanzeige.
Warum die Bahnen um 6.29/6.34 Uhr nur mit einem Zugteil fahren, ist mir unerklärlich geblieben. An einem der Montage hatte der 6.29 Uhr die Qualitäten eines „Viehtransports“. Den Hinweis eines Kollegen, dass die 5.35-S-Bahn länger sei, konnte ich dann erfreut bestätigen: bis Heidelberg mit drei Zugteilen! Dennoch ist diese Uhrzeit schon arg früh, insbesondere wenn man im Finsteren die Einzige ist, die nach einer knappen halben Stunde Fahrt am Heidelberger Karlstorbahnhof aussteigt, wo die Laternen aus irgendeinem Grund defekt sind. Das Mittelalter-Feeling mit Blick aufs Heidelberger Schloss auf dem Kopfsteinpflaster-Weg zum Interims-Dachkammer-Büro kann man um diese Uhrzeit allerdings besonders gut erleben. In diesem Umfeld fällt leider der Gedanke an die Moderne und digitales Lernen hingegen wirklich sehr schwer, besonders wenn man 11 Jahre im „Technologiepark Neuenheimer Feld“ gearbeitet hat.

Wenn die Corona-Warn-App sich meldet

Viele Glückliche können ja zu Fuß oder mit dem Fahrrad ins Büro oder sie fahren sowieso mit dem Auto – aber wer in diesem Corona-Winter noch daran zweifelt, dass Home-Office angesagt ist, sollte vielleicht mal eine Prise Realität in den vollen ÖPNV-Zügen genießen. Und dann darauf warten, wie es mir passiert ist, dass die Corona-App einem „Begegnungen mit niedrigem Risiko“ meldet – wenn man Glück hat. Im Volltext der App diese Woche nachzulesen war „Sie hatten eine Begegnung mit einer später Corona positiv getesteten Person … Sie müssen sich keine Sorgen machen und es besteht kein besonderer Handlungsbedarf“. Dies wiederum heißt alles und nichts und ich frage mich, ob es vielleicht die Frau war, die letzte Woche in der S-Bahn mir schräg gegenüber sitzend vor dem Niesen die Maske abgenommen hat oder der Mann gegenüber, der am Freitag im überfüllten Zug seine Maske komplett unters Kinn geschoben hatte – vielleicht auch, weil die stickige Luft im Zug mit Maske wirklich kaum erträglich war.

Sicher, es gab auch Fahrten, die halbwegs angenehm waren, aber in Erinnerung sind mir auch noch die quirligen Schulklassen geblieben, die im Berufsverkehr den halben S-Bahn-Waggon füllten und sich lautstark über die Gänge unterhielten. In Zeiten von Corona surreal, insbesondere wenn man seine privaten Aktivitäten schon Monate heruntergefahren hat und insofern abschätzen kann, dass App-Meldungen sich wahrscheinlich auf den ÖPNV (oder eher unwahrscheinlicher: die wenigen Begegnungen im Büro) beziehen.

Ohne wenigstens das Begegnungsdatum und einen Uhrzeitslot macht die Corona-App für mich persönlich mit der Meldung „1 Begegnung mit niedrigem Risiko“ keinen Sinn, da es auf die jeweilige Begegnungssituation ankommt (s.a. oben). Und Algorithmen, deren Kriterien „niedriges Risiko“ man nicht wirklich versteht, wecken kein Vertrauen bei mir. Etwas absurd: Wenn ich es richtig verstehe, wird die Meldung 14 Tage nach meiner Begegnung verschwinden, d.h. wenn ich jeden Tag hineinschaue, kann ich am Tag des Verschwindens der Meldung dann doch den Begegnungstermin ermitteln?

Informationen zur Corona-Warn-App

Nunja, immerhin habe ich im Rahmen meiner Recherche für diesem Blogbeitrag dieses wunderbare RKI-Dokument gefunden „So funktioniert die Corona-Warn-App im Detail“: https://www.rki.de/DE/Content/InfAZ/N/Neuartiges_Coronavirus/WarnApp/Funktion_Detail.pdf?__blob=publicationFile

Corona-Warn-App-PDF

Suchpfad: https://www.rki.de // Häufig gefragt // Corona-Warn-App // So funktioniert die Corona-Warn-App im Detail (PDF, 2 MB, Datei ist nicht barrierefrei)

In Bild 5 heißt es: „Die Ermittlung des Gesamtrisikos für eine Nutzerin/ einen Nutzer erfolgt in vier Schritten. Die übermittelten Positivkennungen werden mit den auf dem Smartphone gespeicherten Bluetooth-IDs verglichen und daraus ein Risikoscore berechnet. Die Risikoparameter (Transmission risk, Tage seit der Begegnung, Dauer der Begegnung, Dämpfungswert) werden gewichtet einberechnet.“

Alles klar?

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